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10.11.18 –
Passau/München. Hohe Türbögen, große Fenster und dicke Mauern. Auf der einen Seite ist eine Deutschlandflagge gehisst, auf der anderen weht die weiß-blaue Bayernflagge, dazwischen steht anmutig ein Friedensengel. Das Maximilianeum ist die politische Heimat des Bayerischen Landtags in München, seit 1949 tagt dort das Parlament. Drei Wochen nach der Landtagswahl in Bayern fand am Montag die konstituierende Sitzung des 18. Bayerischen Landtags statt. Neben erfahrenen Politikern sitzen im Parlament auch einige Newcomer aus Stadt und Landkreis Passau: Toni Schuberl (Grüne), Christian Flisek (SPD) und Ralf Stadler (AfD).
"Wenn man das erste Mal als Abgeordneter im Plenarsaal sitzt, ist das schon sehr aufregend", erzählt Toni Schuberl am Montagabend während einer Sitzungspause. Seine Stimme strotzt vor Enthusiasmus, freudig berichtet er von seinem ersten Tag als Landtagsabgeordneter. Bevor es am Montag in die konstituierende Sitzung ging, stand die Fraktionssitzung der Grünen auf dem Programm. Wichtigster Punkt war die Diskussion des Koalitionsvertrages zwischen CSU und Freien Wählern. Schuberl zeigt sich unzufrieden: "Einige Punkte hören sich positiv an, liest man aber genauer, erkennt man, dass der Vertrag voller nichtssagender Phrasen ist. Wir müssen in den nächsten fünf Jahren also deutlich zeigen, wie wir Grünen uns die Politik in Bayern vorstellen."
Lob hatte er hingegen für die frisch gewählte Landtagspräsidentin, Ilse Aigner (CSU), übrig: "In ihrer Rede hat sie klar gemacht, dass das hier ein Parlament für alle Bewohner Bayerns ist – unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder Religion. Das fand ich wirklich gut von ihr." Auch von seinen Fraktionskollegen und -kolleginnen zeigte er sich begeistert: "Die Zusammenarbeit in der Fraktion klappt sehr gut. Der Umgang ist ganz entspannt und freundschaftlich, obwohl wir mit 38 Leuten eine sehr große Fraktion sind", berichtet Schuberl.
Auf die neue Aufgabe als Landtagsabgeordneter hat sich Schuberl in den letzten Wochen gut vorbereitet. Das Büro in Passau hat er bereits bezogen, Mitarbeiter sind schon eingestellt. Heute wählt der Landtag den Ministerpräsidenten, anschließend geht es für Schuberl direkt zurück nach Passau – zum Stammtisch der Grünen, wo er seinen Parteikollegen und allen Interessierten von seinen ersten Tagen als Landtagsabgeordneter berichtet.
Ein Neuling im Bayerischen Landtag und trotzdem erfahrener Parlamentarier ist Christian Flisek. Für vier Jahre war der SPD-Politiker im Bundestag, bei der Wahl im vergangenen Jahr schied er aus dem Parlament aus. Von seiner Zeit im Bundestag zehrt er nun: "Als Bundestagsabgeordneter hatte ich ein Bürgerbüro in Passau, das habe ich, nachdem ich ausgeschieden bin, jedoch noch behalten und privat bezahlt. Das kommt mir jetzt zugute, da ich von Anfang an startklar bin und arbeiten kann."
Mit seinen niederbayerischen Kollegen konnte sich Flisek ebenfalls austauschen. "Auch wenn wir bei vielen Themen unterschiedliche Meinungen haben, wollen wir alle das Beste für die Region erreichen. Es herrscht auf jeden Fall ein positives Klima zwischen uns."
Weniger gut sei die Stimmung während der konstituierenden Sitzung gewesen, wo die AfD einen Antrag auf Vertagung des Beschlusses der Geschäftsordnung stellte. "Die haben argumentiert, dass sie davon nicht gewusst hätten und somit nicht über die Geschäftsordnung abgestimmt werden darf. Ihr Antrag wurde abgelehnt, weil jeder weiß, dass die Geschäftsordnung während der konstituierenden Sitzung beschlossen wird. Die AfD verhält sich so, als wäre sie die einzige Partei und als hätten alle anderen keine Legitimation. Das ist wohl ein Vorgeschmack, was uns die nächsten fünf Jahre hier erwartet."
Geschont wird der Landtagsabgeordnete in seiner ersten Woche nicht: In München bleibt er bis morgen, anschließend geht es zuerst nach Berlin und dann zurück in seinen Wahlkreis nach Passau. Einige wenige organisatorische Dinge hat Flisek trotzdem noch zu erledigen: "Momentan schlafe ich noch im Hotel, aber ich werde mir wohl eine kleine Wohnung in München suchen. Es sind doch sehr viele Termine in München und man weiß ja nie, wie lange die Sitzungen dauern. Das ist dann viel praktischer."
Ralf Stadler zeigt sich am Montag positiv überrascht: "Die Zusammenarbeit innerhalb unserer Fraktion läuft wirklich sehr gut, auch zwischen den Abgeordneten aus Ober- und Niederbayern. Das hätte ich nicht gedacht." Direkt nach der Wahl gab Stadler bekannt, dass er seinen Beruf trotz des Mandats weiterführen möchte: "Ich bin selbstständiger Handwerker, meinen Betrieb möchte ich nicht ganz aufgeben." Neben seinem Wunsch nach Bürgernähe hat dies auch praktische Gründe: "Ich weiß ja nicht, ob ich in fünf Jahren noch einmal gewählt werde, ohne meinen Betrieb wäre ich dann ja arbeitslos", erklärt er. Trotzdem werde er die Arbeit im Handwerk auf ein Minimum reduzieren müssen, andernfalls sei die Doppelbelastung nicht zu händeln. "Letzte Woche war ich noch auf einer Baustelle, jetzt sitze ich im Landtag. Das war in den letzten Tagen schon etwas stressig", berichtet er.
Ein neues Büro einrichten konnte Stadler bisher nicht – weil er noch keines hat. Bis die neuen Landtagsabgeordneten ihre Büros in den Räumlichkeiten des Landtags erhalten, werden noch einige Tage vergehen und auch Stadlers Suche nach einem Bürgerbüro in seinem Stimmkreis gestaltet sich schwierig: "Ich habe mir schon einige Räumlichkeiten angesehen, bis jetzt habe ich aber noch keine Zusage."
Leicht sei die Arbeit als Parlamentarier jedoch nicht immer: "Zermürbend und ärgerlich sind nur die Angriffe seitens Innenminister Herrmann" – gemeint ist die Beobachtung Stadlers durch den Verfassungsschutz. "Ich habe mich nun mit einem Rechtsanwalt in Verbindung gesetzt, da ich nur aufgrund von Vermutungen vom Verfassungsschutz beobachtet werde", stellt er klar. Sein Resümee der Plenarsitzung ist ebenfalls verhalten: "Wir sind sehr enttäuscht, dass Uli Henkel nicht zum Landtagsvize gewählt wurde. Und Ilse Aigner hat uns während ihrer Rede keines Blickes gewürdigt. Sie sprach darin von Demokratie, aber auch wir wurden demokratisch gewählt und wir werden den Wählerwillen vertreten."
Quelle: Passauer Neue Presse vom 07.11.2018
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