Ergebnisse des Faktencheck live

in Grafenau

29.09.23 –

 

Im Grafenauer „Bäreal“-Veranstaltungsraum lud ich im September zu einem öffentlichen „Fakten-check live“ ein. Das deutliche Teilnehmerinteresse zeigte, dass für viele Fragen der Wunsch nach guten Basisinformationen besteht.
Im Wechsel zwischen den Publikumsfragen, dem Kreisvorsitzenden der Grünen im Landkreis Freyung, Alex Rohde, der die live per Beamer übertragenen Suchmaschinenergebnisse eingab und visualisierte, und mir konnten schnell Antworten gefunden werden.

Ein Großteil der Fragen kreiste um Energiethematiken. Genutzt wurden anerkannte, überparteiliche und fachneutrale Netzangebote wie die Seiten der öffentlich-rechtlichen Medienanstalten, CORRECTIV, Stiftung Warentest, Energiefachseiten.

Teil I

Von den Veranstaltungsteilnehmern wurden unter anderen diese Fragen gestellt:

"Die Grünen wollen uns die Häuser wegnehmen!"
https://www.deutschlandfunk.de/debatte-ueber-einfamilienhaeuser-die-gruenen-und-der-100.html

Anlass für die Debatte war ein „Spiegel“-Interview 2021 mit dem Co-Vorsitzenden der Grünen-Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter. Darin begrüßte er eine Entscheidung eines Hamburger Bezirks, wonach keine Einfamilienhäuser in Bebauungsplänen mehr vorgesehen sind. Diese Meinung von Toni Hofreiter wurde dahingehend verkürzt medial wiedergegeben, dass „die GRÜNEN den Deutschen das eigene Haus verbieten wollen“. Das ist barer Unsinn.


 

"Ist das GEG eine reine Umsetzung der europäischen Richtlinie oder werden nationale Interessen verfolgt?"

https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2010:153:0013:0035:DE:PDF

Es werden EU-Richtlinien umgesetzt. Siehe die Veröffentlichung im Amtsblatt der EU aus dem Mai 2010.

 

"Strom ist doch begrenzt. Wenn wir alles auf Strom umbauen, wie soll der Strom zur Verfügung gestellt werden/wo soll der Strom herkommen?"

https://www.quarks.de/technik/energie/wann-wir-endlich-unseren-strom-zu-100-prozent-aus-erneuerbaren-quellen-beziehen/

Deutschland hat europaweit den höchsten Stromverbrauch, der Umstieg auf 100% erneuerbare Energien gilt als ambitioniert.

Im Jahr 2021 kamen 42 Prozent des in Deutschland erzeugten Stroms aus erneuerbaren Quellen.

Bis 2030 soll der Anteil des EE-Stroms auf 80 Prozent steigen.

Spätestens 2035 soll dann laut Plänen der Bundesregierung die komplette Stromversorgung auf regenerativen Energieträgern basieren, also zu 100 Prozent erneuerbar sein.

Das Jahr 2045 ist die Zielmarke für 100 Prozent erneuerbare Energie – bis dahin soll also das gesamte Energiesystem (nicht nur Strom) auf regenerativen Energieträgern basieren.

Wind und Sonne liefern Energie im Überfluss

Um diesen riesigen Strombedarf erneuerbar zu decken, müssen vor allem die schlummernden Potenziale von Wind und Sonne aktiviert werden. Das bedeutet, noch mehr Windräder aufzustellen und noch mehr Flächen mit Fotovoltaikanlagen zu bestücken.

Potenzialanalysen gehen davon aus, dass in Deutschland etwa 1200 Terawattstunden Strom aus Wind und Sonne produziert werden könnte – also deutlich mehr als die 500 Terawattstunden, die wir aktuell in etwa verbrauchen. Nach Berechnungen von Aurora Energy Research könnte dieser Wert durch leistungsstärkere Anlagen bis 2040 auf 1800 Terawattstunden steigen. Alleine mit den beiden Zugpferden Wind und Sonne der regenerativen Stromerzeugung käme so auf das Jahr gesehen genug Strom zusammen, um den Bedarf des Landes zu decken.

Trotzdem sind wir ein Spielball der Natur. Die Lösung wird in diesen drei Schritten als lösbar gesehen:

  • Erstens: Der Verbrauch von Strom muss flexibler werden
  • Zweitens: Stromspeicher gewinnen an Wichtigkeit Es gibt aktuell deutliche Technologiesprünge im Bereich der Speichertechnik.
  • Drittens: Strom wird deutlich stärker als heute innerhalb Deutschlands, aber auch über Ländergrenzen hinweg importiert und exportiert werden.

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/201416/umfrage/prognose-zur-stromspeicherkapazitaet-in-deutschland/


"Welche Anreize können regional gesetzt werden, um den Netzausbau voranzutreiben?"

Netzausbau ist eine staatliche Aufgabe.

Nichtsdestotrotz können Bürgerenergiegenossenschaften einen Teil dazu beitragen, zumindest im kommunalen Bereich die Energiewende voranzutreiben. Es gibt vielfältige Genossenschaftsinitiativen dazu, die auch kommunal unterstützt werden könnten.


"Wie sollen wir mit Dunkelflauten umgehen?"
Diese räumt der Bundesnetzagentur das Recht ein, die Stilllegung für die Systemsicherheit relevanter Kraftwerke zu verbieten und eventuell in der Zukunft für die Versorgungssicherheit notwendige Kraftwerke neu zu bauen. Um den Flauten entgegenzuwirken, müssen dringend Stromtrassen von Nord nach Süd gebaut werden. Eine Dunkelflaute kommt übrigens statistisch alle zwei Jahre für mindestens zwei Wochen vor.  26.01.2023
Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/dunkelflaute-erneuerbare-energien-kohleausstieg-100.html


"Welche Länder haben wieviel Windkraft?"

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37035/umfrage/windenergie-weltweit-im-jahr-2008/

Ein Bild, das Text, Screenshot, Schrift enthält. Automatisch generierte Beschreibung


 

"Wie stellt sich das Verhältnis im Strommix in Bezug auf Kohle- / Atomstrom dar?"

https://www.augsburger-allgemeine.de/wirtschaft/energie-atomkraft-kohlestrom-solarstrom-windkraft-strom-stromerzeugung-strommix-in-deutschland-id64239221.html

Zum Dezember 2021 erzeugten die konventionellen Energieträger 29 Mio. MWh Energie, die Erneuerbaren 19 Mio. MWh. Die beiden Werte haben sich über das Jahr immer wieder ausgetauscht – je nach Wetterlagen und Jahreszeiten.
Bisher exportiert Deutschland jedes Jahr mehr Strom als es importiert – in Deutschland wird also mehr Strom produziert, als Haushalte und Industrie hierzulande auch wirklich verbrauchen.

Morgens und abends wird der fehlende Solarstrom teilweise durch Pumpspeicherkraftwerke ausgeglichen. Ihr Wirkungsgrad ist gering: Es braucht deutlich mehr Strom, um das Wasser in die Speicher zu pumpen, als sich später gewinnen lässt.
Daher wird der Strombedarf in einer Situation, in der Sonne und Wind nur wenig beitragen, vor allem durch Kohle und Gas gedeckt. Kraftwerke, in denen diese verbrannt werden, können zudem schnell auf einen höheren Bedarf reagieren und dann mehr Strom erzeugen. Allerdings handelt es sich bei Kohle und Gas um fossile Brennstoffe. Diese Art der Stromerzeugung ist daher klimaschädlich.
 

TEIL II.:
Weitere in der Diskussion aufgeflammte Fragen/Begriffe waren:
 

Können Wärmepumpen auch ohne Flächenheizungen betrieben werden?
Wärmepumpen haben die höchste Effektivität, wenn sie auf einer möglichst großen Fläche Wärme abgeben können. Es ist aber auch möglich, vorhandene Heizkörper mit Wärmepumpen zu betreiben. Dafür ist aber eine solide Beratung von Heizungsinstallateuren bzw. Energiefachberatern vor Ort vorab zu raten!!!
 


Warum soll Atomstrom unschlagbar günstig sein?
Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft hat in einer Studie die gesamtgesellschaftlichen, realen Kosten verschiedener Energieformen verglichen. Eine Kilowattstunde (kWh) Atomstrom kostet so bis zu 42,2 Cent. Die Fachwelt bezeichnet Atomstrom – vor allem wegen der gesamtgesellschaftlichen Kosten des Uranabbaus und der vollkommen ungelösten Abfalllagerung – als den teuersten Energieträger in Deutschland.
 


Warum schalten wir die vorhandenen Kernkraftwerke nicht wieder an?

Atomenergienutzung erzeugt für Mensch und Umwelt hochgefährliche radioaktive Strahlung und vererbt hochgiftige Abfälle. Und: Atomenergie ist sehr sehr teuer – auch wenn die wahren Kosten durch die Zeitschiene und staatliche Deckmäntelchen vernebelt werden.
 


Wieso bauen die Länder um uns herum neue Atomkraftwerke – und wir schalten unsere ab?
Im Jahr 2021 sank der Anteil der Kernenergie an der weltweiten kommerziellen Stromerzeugung auf unter zehn Prozent. Atomreaktoren erzeugen heute noch etwa 10 Prozent des weltweiten Stroms (1996 noch 17 Prozent). Vor allem russische AKW’s werden auf der Welt installiert. Von einer Renaissance kann trotzdem nicht gesprochen werden, der Stromanteil sinkt beständig. Auch in China werden zwar neue AKW‘s gebaut – aber China erzeugt inzwischen ein Vielfaches seiner Energie im EE-Bereich. Vor allem demokratisch regierte Staaten vermeiden Atomkraft.
 


Kann Deutschland jeden zukünftigen Verbrauch im Verkehrs-, Industrie- und Wärmebereich mit Strom selbst erbringen?
Ja. Es gibt heute schon einzelne Tage, an denen jeder Stromverbrauch von „grünen“ Stromerzeugern geliefert wird (z.B. der 1. Januar 2018).
Deutschland kann sich auch ohne russische Exporte mit Strom versorgen. Das bestätigt eine Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Dafür müssen vor allem Erneuerbare Energien ausgebaut und Kohle flexibel genutzt werden. Ein immer größerer Anteil unseres Energiebedarfs wird zunehmend durch erneuerbare Energien, wie Windkraft oder Photovoltaik, gedeckt: 2021 lag ihr Anteil bei rund 41 Prozent, 2022 schon bei 46,2 Prozent des Bruttostromverbrauchs. Bis 2030 sollen es mindestens 80 Prozent werden.
 


Welche Leistung hat Strom im Vergleich zu Wasserstoff und wie hoch sind die Kosten der beiden Energiebegriffe?
Aktuell rechnet man mit Kosten von 1:6 in puncto Strom zu Wasserstoff für je 1kW.
Allgemein ist die Herstellung von „grünem“ Wasserstoff noch unwirtschaftlich. Die Idee dahinter ist auch: Statt die Windkraft- und Solarsysteme bei einer Stromüberproduktion abzuschalten oder den Strom in aufwändig herzustellenden Batteriespeichern zwischenzulagern, nutzt man die Energieüberschüsse für die Herstellung von Wasserstoff.
 


Sind Wasserstoff-Pipelines von der Wolga zu uns möglich?
Theoretisch ist das möglich. Jedoch sprechen aktuell noch entwicklungstechnische Gründe dagegen. Denn nicht der oft erwähnte hohe Druck, sondern die Diffusionsfähigkeit der Wasserstoffatome ist der Grund dafür, dass es in herkömmlichen Gas- oder Ölpipelines nicht funktioniert. Es müssen dafür Leitungen aus Edelstahl installiert werden.  
Quelle: https://kem.industrie.de/werkstoffe/darum-braucht-gruener-wasserstoff-komponenten-aus-rostfreiem-edelstahl/

Also ist klar:  Wasserstoff kann über so eine weite Strecke nicht als Gas in einer Pipeline transportiert werden. Es bleibt nur der Schiffstransport. Um ihn für den Transport in Tankern vorzubereiten, muss er entweder verflüssigt oder in ein Trägermedium, wie Ammoniak oder Methanol, umgewandelt werden.

Zudem ist die Produktion von Wasserstoff für eine Massennutzung noch viel zu teuer.

Die angekoppelte Frage, ob eine Gasheizung heute schon mit Wasserstoff betrieben werden kann, ergab als Suchergebnis die Meinung, dass das aktuell nur mit einer Wasserstoffbeimischung von etwa 20% realistisch ist.

 

 

Kategorie

Energie

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