Toni Schuberl

Mitglied des Bayerischen Landtags

Klimawandel-Auswirkungen treffen uns zeitverzögert

Große Verantwortung der Industrieländer

04.05.23 –

 

Wie wollen wir in Zukunft unsere Häuser heizen?

Die GRÜNEN im Landkreis Freyung informierten mit zwei Fachreferenten bei einer sehr gut besuchten öffentlichen Infoveranstaltung im Kulturpavillon Grafenau über die regionalen Auswirkungen des Klimawandels und zu den Handlungsmöglichkeiten im eigenen Haushalt.

Diplom-Geoökologe Burkhard Beudert, der seit Jahrzehnten das Umweltmonitoring im Nationalpark Bayerischer Wald wissenschaftlich betreut, konnte mit nüchternen Messdaten aufwarten: „Allein in den letzten 200 Jahren haben Teile der Menschheit das globale Klima so drastisch beeinflusst, dass es keinen Erdfleck mehr gibt, an dem die Folgen nicht erkennbar wären. In manchen Regionen kann dies aktuell als angenehm empfunden werden, in anderen geht jedoch Lebensraum unrettbar verloren“, so der Referent einleitend.

Die seit 1972 vom Nationalpark betriebene Wetterstation Waldhäuser liefert fundierte und für die Region repräsentative Temperatur- und Niederschlagsdaten. Anhand dieser Daten der vergangenen 50 Jahre stellte Beudert die Klimaänderungen in unserer Region in ihrer speziellen Ausprägung vor. Dabei wurden bereits jetzt erkennbare Konsequenzen für unser Alltagsleben sichtbar. Seit 1881 liegt der Temperaturanstieg bei 1,7°C. Eine genauere statistische Analyse zeigt jedoch, dass der Temperaturanstieg erst ab 1979 einsetzt, mit seitdem +2,0°C. Der Grund dafür war die massive Luftverschmutzung v.a. mit Schwefeldioxid. Die daraus in der Atmosphäre gebildeten Teilchen verhinderten die Erwärmung am Boden und wirkten abkühlend. Seit der erfolgreichen Luftreinhaltung (Rauchgasentschwefelung, Katalysator u.a.) können die von uns allen in die Atmosphäre geblasenen Treibhausgasmengen erwärmend wirken. Zusammen mit den im Winter rückläufigen Niederschlägen gingen der Neuschnee und die für Wintersport nutzbare Zeit massiv zurück. Andererseits: „Die steigenden Temperaturen in unserer Region können als angenehm empfunden werden – denn wir leben dann mit weniger Schnee, Streusalz, Heizenergie usw. Aber es gibt parallel immer größere Erdflächen, in denen menschliches Leben unmöglich werde“, so Beudert.

Klug durchgeführte Einschränkungen am effektivsten

Gletschermassen sind weltweit stark rückläufig, Gebirgsregionen verlieren Eis- und Schneemassen, die als Süßwasserreservoir verloren gehen. Wasserknappheit, wie wir sie heute schon in Franken und Thüringen oder anderswo beobachten können, wird bei Klimawandel wie bisher für mehr als 2 Milliarden Menschen den Verlust der Lebensgrundlagen bedeuten. Beudert: „Es wird arme Länder viel härter Treffen als reiche Länder, die die Veränderung zu verantworten hätten. Die Verteilung und Intensität von Niederschlägen, Hitze- und Trockenperioden, Stürmen und Überschwemmungen wird zu mächtigen Menschenwanderungen führen“ und der Referent weiter: „Um das Schlimmste zu verhindern ist die Einhaltung des 1,5 Grad Ziels sehr wichtig. Wir dürfen nicht bequem wegsehen, wenn uns hier im Bayerischen Wald die Klimaänderung glimpflicher trifft, in vielen Regionen der Welt jedoch der nackte Kampf ums Überleben vorherrscht“.

Wärmedämmung der Bestandsgebäude vorrangig

In einem zweiten Teil des Vortragsabends konzentrierte sich Energieberater Heinrich Schuster auf den Gebäudesektor, der für den Ausstoß von Treibhausgasen in Deutschland eine große Rolle spiele. Auf die Schlagzeilen und die Diskussion der letzten Wochen über Zwangsmaßnahmen, die den Hausbesitzern drohen könnten, ging Schuster speziell ein. Deutlich gehe hier die Effizienz und ein überlegtes Handeln vor Hektik und Panik-mache. Dafür stehe speziell für Privathaushalte im Landkreis Freyung-Grafenau ein unabhängiges, kostengünstiges Erstberatungsangebot zur Verfügung. Die Klimaerwärmung macht es dringend notwendig aus der fossilen Nutzung von Wärmeenergie auf Basis von Öl, Gas oder Kohle auszusteigen. Bestimmt gehe das nicht von heute auf morgen, es sei eine Generationenaufgabe.

Holzheizungen sind nach wie vor erlaubt

Entwarnung gab Schuster für bestehende Gas- oder Ölheizungen, die noch tadellos funktionieren. Auch defekte Anlagen dürfen repariert werden. Erst nach 30 Jahren muss die Heizung erneuert und mindestens zu 65 Prozent auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Jedoch auch hier gibt es zukünftig viele Ausnahmen.

In neugebauten Wohngebäude ist die Tendenz zu Wärmepumpen stark steigend. Nah- und Fernwärmenetze können genutzt werden, Solarthermische- und mit Biogas betriebene Anlagen sind möglich. Bei Bestandsbauten können nach wie vor auch Holzpellet-, Holzhackschnitzel- oder auch Holz – Stückgutheizungen installiert werden. Vor allem, wenn in diesen Biomasseheizungsanlagen Waldrestholz aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung oder Abfallholz A1 und A2 aus der Sägewerksindustrie als Brennstoff genutzt werden. Ebenfalls möglich sind Kombinationen, sogenannte Hybridheizungen, wenn dabei der Anteil von 65 Prozent erneuerbarer Energie erreicht wird.

Schuster: „Das A und O sollte bei Bestandsgebäuden mehr auf die Wärmedämmung der Gebäudehülle als auf die Heizungstechnik gelegt werden. Energie, die nicht verbraucht wird, muss erst gar nicht erzeugt werden“. Der Referent weiter: „Die Dämmung entschärft auch die Heizungsproblematik deutlich, da im Regelfall bei einer gedämmten Gebäudehülle Heizsysteme mit niedrigen Vorlauftemperaturen betrieben werden können – und nebenbei dadurch Wohnqualität und Immobilienwert steigen“. Niemand müsse Angst haben bestraft zu werden, es gebe viele Möglichkeiten und Übergangsfristen, die im neuen Gebäudeenergiegesetz beschlossen wurden.

Eine lebendige Diskussion schloss sich an: So wurde von Zuhörern auf den hohen Nutzen von Solarthermie-Dachanlagen erinnert. Der Abgeordnete und Direktkandidat für die niederbayerischen Grünen Toni Schuberl sprach sich für die deutlich höhere Nutzung von heimischen Holz im Hausbausektor aus: „Bauholz bindet für viele Jahrzehnte das in ihm gespeicherte CO2 und ist daher neben einer fachlich ausgeführten Gebäudedämmung und Nutzungen der solaren Möglichkeiten ein wichtiger Baustein zur Dämpfung der negativen Klimaveränderungen!“.

Kategorie

Energie | Klima | Nationalpark

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