Mit guter grüner Politik quasi im Dauerwahlkampf

Kreisrat Toni Schuberl ist Landtags-Spitzenkandidaten der Grünen in Niederbayern – Verkehrs- und Agrarwende im Blick – Klimawandel Kernthema

29.09.18 –

Passau. An seinem Arbeitsplatz an der Universität Passau ist Toni Schuberl dem Inn ganz nah, der beim Hochwasser im Juni 2013 enorme Schäden in der Dreiflüssestadt angerichtet hat. "Der Klimaschutz betrifft alles", betont der überzeugte Grüne, der als Spitzenkandidat in Niederbayern für den Landtag kandidiert. Er setzt auf seine Bekanntheit durch engagierte Arbeit im Passauer Kreistag. "Ich bin quasi seit Jahren im Wahlkampf, indem ich gute grüne Politik mache", unterstreicht Schuberl.

Jeans und Pulli, die langen Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden – optisch ist Schuberl (35) an der Uni, wo er als Diplom-Jurist im Rechtsreferat tätig ist, kaum von den Studierenden zu unterscheiden. Doch auch das Sakko ist dem jugendlich wirkenden Kommunalpolitiker nicht fremd oder gar verhasst. Der Familienvater verkörpert gleichsam den Wandel des Bildes der Grünen in der Gesellschaft. "Es ist interessant: Anfangs galten wir als Bürgerschreck und Chaoten, inzwischen werden wir als staatstragende Partei bezeichnet, die jetzt mehr denn je benötigt wird", stellt Schuberl voller Genugtuung fest.

Dazu gehört für den im Bayerischen Wald in einem 280 Jahre alten sanierten Bauernhaus mit neuester Energietechnik lebenden Grünen auch das Auto. Zwangsläufig sind es sogar zwei, eines ein VW Sharan als Familienkutsche, obendrein ein älterer Diesel. Schuberl winkt sofort ab: "Wir haben uns bewusst gegen die Abwrack-Prämie entschieden, weil es ein Wahnsinn ist, gute Fahrzeuge zu verschrotten." In seinen Augen auch eine Form von Ressourcen-Verschwendung und nichts anderes als eine Subventionierung der Autoindustrie – auf Steuerzahlerkosten und zum Schaden der Umwelt.

"Es kommt nur Unsinn raus", verteufelt Schuberl die Politik der CSU, die seiner Überzeugung nach gerade die Zukunft der Industrie in Deutschland verspielt und nicht die richtigen Anreize setzt. Viel wichtiger wäre es, dass die Autokonzerne in die die richtige Richtung entwickeln. "Die setzen immer noch auf SUV, das ist anachronistisch", unterstreicht der Landtagskandidat und schiebt eine Prophezeiung hinterher: "Die nächste industrielle Revolution wird eine grüne werden."

Am Herzen liegt Schuberl vor allem die Stärkung des öffentli-chen Personennahverkehrs. Seine Überzeugung: "Die Leute würden vom Auto lieber auf den Zug umsteigen, nicht auf den Bus." Als Mitglied des Verkehrsausschusses im Kreistag tut er den Vorwurf gegenüber Bündnis 90/Die Grünen als Quatsch ab, sie wären gegen Autos und Straßen. Falsch sei die einseitige Fokussierung auf den Straßenverkehr, während für den Ausbau der Schiene einfach kein Geld vorhanden sei. Gleichzeitig würden Projekte wie die Passauer Nordtangente durchgeboxt – "gegen jeden Sachverstand".

Ein Umdenken strebt der Grü-nen-Bewerber auch in der Agrarpolitik an. Die Strategie "Wachse oder weiche", um auf dem Weltmarkt zu bestehen, verurteilt er und präferiert stattdessen eine bessere Unterstützung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft. Gleichzeitig müsse die Förderung der großen Betriebe gekappt werden. "Ich will keine riesige Agrarindustrie, die zu wahnsinnig günstigen Preisen produziert und damit den afrikanischen Markt kaputt macht, während zugleich Fleisch aus Argentinien importiert wird", erklärt Schuberl.

Das Credo des Kandidaten: "Unsere kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betriebe brauchen mehr Luft." Ziel muss laut Schuberl nicht der Weltmarkt sein, sondern der heimische Markt mit regionaler Vermarktung, wofür gute und giftfreie Produkte erzeugt werden. In seinen Augen wollen die Bauern ihr Vieh gut behandeln und die Natur schonen. Für geradezu unsinnig hält er hingegen Hühnchen-Farmen mit 300000 und mehr Tieren, deren Export nach Afrika die Bauern dort ruiniere und damit auch Fluchtbewegungen auslöse.

Als verantwortungslos empfindet der Grünen-Politiker die Gefährdung des europäischen Projekts durch die Flüchtlingspolitik der CSU. Für ein reines Wahlkampf-Manöver hält Schuberl das Festhalten an Grenzkontrollen trotz fehlender Flüchtlingsströme. Er sieht darin einen Missbrauch der Polizei und verweist auf seine persönliche Klage vor dem Verwaltungsgericht München gegen die Kontrollen, die wegen Überschreitung der zulässige Höchstdauer "längst rechtswidrig" und ein Verstoß gegen Europäisches Recht seien.

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Meine wichtigsten Anliegen, die ich in der kommenden Amtsperiode umsetzen will, sind...

Das sind die Verkehrswende, die Agrarwende und die Energiewende. Verkehrswende: Bisher wurde eine Politik für die Autokonzerne gemacht. Wir müssen stattdessen den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Jeder, egal ob Kind, Jugendlicher, Erwachsener oder Senior muss mobil sein können, auch ohne Führerschein. Jedes Dorf soll mit Bus oder Bahn im Stundentakt erreichbar sein. Die Linien müssen komfortabel, günstig und schnell sein. Das entlastet auch die Straßen und verhindert Staus, wodurch viele neue Straßenbauprojekte eingespart werden können. Die Autos, die man trotzdem immer noch brauchen wird, müssen abgasfrei werden. Konkret im Passauer Land sollten die bereits sternförmig vorhandenen Bahnlinien von Passau nach Vilshofen, Pocking, Schärding, Hauzenberg und Waldkirchen bis Freyung für eine Stadtumlandbahn verwendet werden. Dazu müssen die Hauzenbergbahn und die Ilztalbahn reaktiviert werden. Die Entlastung für den innerstädtischen Verkehr wäre höher als durch eine unsinnige, teure und das Ilztal zerstörende Nordtangente.

Agrarwende: Ich will keine Agrarindustrie, die mit möglichst hohem Pestizid- und Chemiedüngereinsatz auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig sein möchte. Vielmehr müssen wir unsere kleinen und mittleren Betriebe fördern, die uns regional mit gesunden und giftfreien Lebensmitteln versorgen. Nimmt man den Betrieben den Wachstumsdruck, können sie es sich leisten, weniger Tiere zu halten und schonendere Anbaumethoden zu wählen.

Energiewende: Die CSU in Bayern fährt seit Jahren den Ausbau der erneuerbaren Energien an die Wand. Während das ineffiziente und unmoralische Verbrennen von Nahrungsmitteln zur Energiegewinnung gefördert wurde, ist der Bau neuer Windräder komplett zum Erliegen gekommen. Hier braucht es wieder eine bessere Weichenstellung. Das gilt genauso für die Bildungspolitik, bei der ich neben dem akademischen Bereich mehr Augenmerk auf eine berufliche Ausrichtung legen möchte – gerade auch als Reaktion auf den Fachkräftemangel, vor allem in kleinen und mittelständischen Betrieben. Für die Hochschul-Sparte ist eine fairere Finanzierung bei den kleineren Universitäten im Vergleich zu den größeren notwendig. In Passau gibt es zudem deutlich zu wenig Personal. Nicht grundsätzlich bin ich gegen die angestoßene Ansiedlung einer medizinischen Fakultät in Passau. Die Ausbildung der Ärzte ist wichtig, aber sie soll eher in Regensburg angeboten werden. Für das Medizin-Studium in Passau wäre nichts von den bisherigen Einrichtungen der Uni nutzbar. Es müsste also ein komplett neuer Zweig mit entsprechenden Gebäuden geschaffen werden. Auch das Klinikum ist für diesen Zweck nicht ausgebaut. Das Geld sollte lieber in die Stärken der Uni Passau gesteckt werden, zum Beispiel in den weiteren Ausbau der Digitalisierung. Mit diesen Milliarden Euro könnten wir so zum Silicon Valley Bayerns werden.

Vita

Toni Schuberl, geboren 1983, aufgewachsen in Eging, wohnhaft in Passau, jetzt Zenting, verheiratet, Vater von drei Söhnen und einem Stiefsohn. Nach dem Abitur in Niederalteich Rettungssanitäter, Jura-Studium Uni Regensburg, Magisterstudium Geschichte, Politikwissenschaft, öffentliches Recht, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Lehrstuhl Bürgerliches Recht, Uni Regensburg, Rechtsreferendar in Passau, Wirtschaftsmediator, Mitarbeiter im Rechtsreferat der Uni Passau. Seit 1999 Mitglied bei den Grünen, Gründer und Vorsitzender der Grünen Jugend Passau und der Grünen Jugend Niederbayern, seit 2009 Mitglied Kreisvorstand, teils als Kreisvorsitzender, Kreisrat, unter anderem Verbandsrat Zweckverband Berufsschulen Passau und vhs Passau.

Bernhard Brunner

Quelle: Passauer Neue Presse vom 29.09.2018
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  • Toni Schuberl, für Niederbayern in den Landtag

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Wahlen

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