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12.08.20 –
(Freyung/Sinca Noua) Wenn ein Freyunger auf einen Freyunger trifft, scheint das auf den ersten Blick nichts Außergewöhnliches zu sein. Wenn diese Begegnung 1.300km entfernt jedoch in einer sprichwörtlich sagenhaften Landschaft inmitten einer faszinierenden Tierwelt und einer kulturhistorisch reichen Umwelt geschieht, dann lohnt sich ein zweiter Blick.
Als Wahlfreyunger traf ich auf den in der Fachwelt anerkannten Biologen und Wolfsforscher Christoph Promberger, der in Freyung aufwuchs und sich mit seiner Frau Barbara vor ca. 30 Jahren in Rumänien am Fuße der Karpaten niedergelassen hat. Die beiden entwickelten in den 90er Jahren nach ihrem Studium das zur damaligen Zeit größte europäische Forschungs- und Schutzprojekt für Großraubtiere in den Karpaten des südlichen Transsilvaniens. Die beiden konnten sich schließlich der Faszination der noch wilden und ursprünglichen Flora und Fauna der Gebirgslandschaft nicht entziehen und entschlossen sich, dort zu bleiben. Seit zehn Jahren engagieren sie sich in einem neuen, sehr ambitionierten Naturschutzprojekt www.carpathia.org bei der Etablierung des größten Nationalparks Europas.
Positiver Wettlauf um die Größe
Aktuell hat das im Zentrum Rumäniens, in Transsilvanien, gelegene Naturschutzprojekt – vielen besser als das frühere Siebenbürgen mit den bekannten Städten Hermannstadt, Kronstadt oder Klausenburg bekannt – das freundschaftliche Rennen gewonnen.
Promberger: „Unsere Stiftung besitzt inzwischen 25.283 ha Fläche in den südöstlichen Karpaten und hat damit im Vergleich zum Nationalpark Bayerischer Wald leicht die Nase vorn – der kommt auf 24.250 ha. 1.000 ha unserer Flächen sind reiner Urwald. Mittelfristig soll der Nationalpark über 200.000 ha groß werden. Daneben werden durch die Stiftung etwa 65.000 ha als jagdgeschützte Fläche betreut.“ Beide Gebiete haben gemeinsame Ziele: neben sicheren Einnahmen über den Tourismus bewahren sie eine einzigartige Landschaft mit ihrer Flora und Fauna. Hier wie dort wird unter anderem durch Bildungsangebote für Schulen und Universitäten versucht, die enorme Wichtigkeit des Leitsatzes „Natur Natur sein lassen“ hautnah darzustellen. Zwischen den Parks besteht regelmäßiger Informationsaustausch.
Auf dem Rücken der Pferde … tagelange Trails in atemberaubender Landschaft
Privat haben die beiden Prombergers 2003 auf etwa 550 m Höhe eine Gästefarm aufgebaut, auf der man unvergesslichen Reiturlaub auf wettkampferprobten und hervorragend ausgebildeten Arabern und anderen Voll- und Warmblütern verbringen kann. Ihre Beschreibung von kilometerlangen Galoppstrecken ist nicht übertrieben, hier, in Equus Silvania, kommen Reiterinnen und Reiter voll auf ihre Kosten. Die Gästebücher quellen seit Jahren über von begeisterten Einträgen von Gästen aus aller Welt, von denen viele Stammgäste wurden.
Natur pur gibt es bei Ausflügen zu Fuß, per Minibus oder natürlich per Pferd in das nahe, bis zu 2.500 m hohe Karpatengebirge.
Das Farmteam selbst ist immer darauf bedacht, einem den Aufenthalt so angenehmen wie möglich zu machen und hilft mit vielen Tipps bei der Freizeitgestaltung des Tages, falls gewünscht.
Biodiversität und Kulturgeschichte live erleben
Will man sich lieber in völliger Abgeschiedenheit, dafür aber in einer überbordenden Kultur- und Naturlandschaft erholen, sei einem als Geheimtipp noch die Biodiversitätsfarm Cobor www.cobor-farm.ro , die der Stiftung der Prombergers gehört, ans Herz gelegt. Auch hier wird man, wie auf Equus Silvania, den ganzen Tag sehr lecker mit rumänischen Schmankerln bekocht, kann sich auf ornithologische Wanderungen begeben oder einfach nur die absolute Stille genießen. Wer in die – teilweise auch deutsche - Besiedelungsgeschichte eintauchen will, kann viele Überbleibsel der reichhaltigen kulturhistorischen Entwicklung von Siebenbürgen besichtigen: Kirchenburgen, Straßendörfer, Städte und Dörfer wie Sibiu (dt.: Hermannstadt), Cluj-Napoca (dt.: Klausenburg) oder Viscri (dt.: Deutsch-Weißkirch) bieten sich jederzeit für Besuche an. Nicht zu vergessen die außergewöhnlichen Burganlagen, wie z.B. das Schloss Bran, manchen als „Dracula-Schloss“ bekannt. Dazwischen natürlich auch immer wieder Immobilienreste aus der kommunistischen Nicolae Ceaușescu-Ära. Eine wahrlich breite Palette in dieser weiten Landschaft und gerade auch für Fotografen ein optischer Festschmaus.
„Problemwölfe? Gibt es hier nicht“
Im Gespräch mit Christoph Promberger im Gäste-Rückzugsbereich der Pferdefarm mit großem Kamin fallen seine „Wald’ler-Ruhe“ und Überlegtheit auf. Dies ist umso erstaunlicher, da das Ehepaar Promberger mit ihrem kleinen hochengagierten Farm-Team auf Equus Silvania gerade – trotz Corona – ein voll besetztes Gästehaus hat und nebenbei zwei deutsche Fernsehteams eine Woche lang in Atem hielt. Allerdings sind auch hier, wie überall, für den Herbst die Gästezahlen vorerst etwas zurückgegangen. Auf die Frage, wie die Bevölkerung am Rande der Karpaten mit dem schon immer natürlich vorkommendem Wolfsbestand umginge, lächelt er nur und sagt, das sei völlig entspannt. Die Bevölkerung hier fühle sich weder durch Wölfe noch durch Luchse bedroht, es sei ein erstaunlich friedliches miteinander auskommen. Eher die Wildschwein-Rotten sind immer wieder mal energiezehrend.
Vor Braunbären wird per App gewarnt
In der Region gibt es einen relativ großen Braunbärenbestand. Ab und zu gibt es Reibereien mit zu sehr an Menschen gewöhnte Bären. Die Prombergers selber haben vor ein paar Wochen ein Schwein an eine Bärin mit Jungem verloren. Doch oft ist das ein hausgemachtes Problem, da die Bären - beispielsweise zur bis vor einigen Jahren noch erlaubten Trophäenjagd – angefüttert und damit der Bestand künstlich hochgehalten wurde. Auch im Falle der Prombergers war es so - ein Dorfbewohner hatte ein totes Pferd ausserhalb des Dorfes verbuddelt und dadurch Bären angelockt, die sich dann den Appetit für Fleisch geholt haben. Promberger: „Dadurch und durch unerlaubte private Fütterungen als Touristenattraktion haben sich einige Bären an die Fütterung durch den Menschen gewöhnt, sind weniger scheu und kamen bis zu den Siedlungen.“
Die Stiftung hat mehrere Teams als „schnelle Eingreiftruppe“ ausgebildet und ausgerüstet, die sich solcher Situation annehmen und mit Elektrozaun und Gummikugeln versuchen, die Bären auf Abstand zu halten. Auch bekommen alle Handybesitzer automatisch Hinweise auf ihr Telefon, wenn ein Bär zu nahe an ihre Wohnsiedlung herankommt.
Apropos Trophäenjagd: wer gerne Bären in ihrer natürlichen Umgebung sehen will, kann einen Ausflug zu den Wildnishütten der Stiftung buchen. Auch hier werden die Tiere angefüttert, jedoch nur in sehr geringem Umfang, so dass gute Chance bestehen, Bären, Hirsche oder Wildschweine zu sehen. Dies schafft Arbeitsplätze, den Bären ist geholfen und die Touristen können ihre „Fototrophäen“ stolz zu Hause herzeigen.
Covid-Risikogruppen werden unterstützt
Insgesamt arbeiten in den Wäldern und auf den beiden Farmen ca. 100 von der Stiftung angestellte Rumänen. Die Stiftung kümmert sich auch – gerade aktuell zu „Covid“-Zeiten – um die Schwächsten und hat unter anderem etwa 5.000 Senioren in der Region mit den wichtigsten Nahrungsmitteln und Hygieneprodukten versorgt.
Christoph Promberger hat Ende Juli Freyung besucht und u.a. die fachlichen Kontakte zum Nationalpark Bayerischer Wald vertieft. Auch traf er sich mit MdL Toni Schuberl. Beide waren sich einig, dass Erholung und Naturschutz Hand in Hand gehen müsse. Sie kamen überein, ihre Projekte und Gedanken noch in 2020 bei einer öffentlichen Veranstaltung in unserer Nationalpark-Region vorzustellen.
Promberger: „Wir müssen weg von den Puzzleteilen, hin dazu, wieder mehr in ganzen Landschaften zu denken – die aktuellen Umweltveränderungen werden uns täglich mehr und mehr zu einer Kehrtwende unserer Naturnutzung zwingen.“
Schuberl nutzte die sich bietende Chance, um Promberger die Ideen der bayerischen Grünen in puncto bayerischer Nationalpark-Entwicklungen vorzustellen. (hoy)
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