Volkstrauertag

Rahmen der zentralen Landkreis-Gedenkfeier hält Toni Schuberl für unpassend

16.11.18 –

Toni Schuberl, für Niederbayern Mitglied des Bayerischen Landtags, hat die Einladung für die zentrale Gedenkfeier zum Volkstrauertag des Landkreis Passau abgelehnt. In seinem Antwortscheiben vom 16. November erläutert er die Beweggründe.

"Lieber Willi Wagenpfeil,

ich danke Dir für die Einladung zur zentralen Gedenkfeier des Landkreises Passau zum Volkstrauertag am Soldatenfriedhof in Hofkirchen. Gerne hätte ich in meiner neuen Funktion als Landtagsabgeordneter daran teilgenommen. Insbesondere auch deshalb, weil vier meiner Großonkel im Zweiten Weltkrieg gefallen oder vermisst sind. Nach sehr langem und reiflichem Überlegen muss ich Dir hierfür jedoch absagen und möchte dies auch begründen.

Der ganze Ablauf des „Marsches“ unter Führung der Bundeswehr in Uniform, mit Trommelschlägen, Militärmusik und Fahnenschwenken ist mir zuwider. Beim Volkstrauertag gilt es, in Demut um alle Opfer der Kriege zu trauern. Natürlich gedenken wir auch der gefallenen deutschen Soldaten, aber wir dürfen dabei kein Heldenepos schreiben. Die jungen Männer, die gegen ihren Willen in den Krieg ziehen mussten und an der Front verheizt wurden, sind ebenso Opfer des deutschen Militärs, wie die durch deutsche Soldaten ermordeten Zivilisten in ganz Europa.

Meine vier Großonkel waren noch sehr jung. Einer weinte und bettelte damals verzweifelt und vergeblich vor seiner Familie am Bahnhof, um nicht in den Zug steigen zu müssen, der ihn an die Front brachte. Er wurde dann von seinem eigenen Schwager mit Gewalt in den Zug gesteckt. Dieser wusste, dass es keine Alternative gab, wenn er nicht gleich als Deserteur vom deutschen Militär erschossen werden sollte. Er sah seine Mutter und seine Familie nie wieder. Wenn ich auf den alten Sterbebildern lese: „den Heldentod fürs Vaterland gestorben“, empfinde ich dies als unerträglichen Hohn. Es macht mich wütend und traurig.

Diese armen Männer fehlten nicht als Soldaten, sondern als Söhne und Brüder. Sie waren und sind keine Helden, sondern Opfer. Und sie waren zugleich Täter. Das deutsche Militär hat andere Länder überfallen und im großen Umfang gemordet, gebrandschatzt und vergewaltigt. Die Legende der sauberen Wehrmacht ist schon lange nicht mehr aufrecht zu halten. Und deshalb finde ich es unpassend, dass mit Uniformen und Militärmusik auf einem als "Heldenfriedhof" bezeichneten Gelände durch Soldaten immer noch eine Art "Heldengedenken" stattfindet. Ich möchte nicht, dass meinen Großonkeln und allen anderen Opfern des deutschen Militärs mit Stolz in Uniform gedacht wird. Dies sollte stattdessen in Demut und in zivil geschehen.

Einen Kranz zum Gedenken der Opfer des deutschen Militärs habe ich niedergelegt. Mitmarschieren werde ich nicht."

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