Toni Schuberl

Mitglied des Bayerischen Landtags

Pro Jahr gelingt eine Flucht aus bayerischen Gerichten

Stärkung der staatlichen Wachkräfte erforderlich

04.08.23 –

Ich möchte die Öffentlichkeit zum Thema Flucht aus bayerischen Strafgerichten über die Ergebnisse einer Schriftlichen Anfrage informieren, die ich an die Staatsregierung gestellt habe:

Anlass der Anfrage:

Am 23. März 2023 berichtete der Staatsminister der Justiz zusammen mit dem Landespolizeipräsidenten dem Rechtsausschuss des Bayerischen Landtags über die Flucht zweier mutmaßlicher Straftäter aus dem Landgericht Coburg (mutmaßlicher Sexualstraftäter) und dem Amtsgericht Regensburg (verurteilter Mörder) Anfang diesen Jahres. Im Zuge dessen teilte der Justizminister erstmalig und ganz am Rande mit, dass es bereits in den Vorjahren sowohl Fluchtversuche als auch erfolgreiche Entweichungen aus bayerischen Gerichten gab. Um das weiter aufzuklären, habe ich die Schriftliche Anfrage gestellt.

Die wichtigsten Ergebnisse meiner Anfrage:

Unsere Anfrage zeigt erstmalig auf, wie viele Fluchtversuche und erfolgreiche Entweichungen es aus bayerischen (Straf-)Gerichten zwischen 2018  und 2022 gab. In 5 Fällen ist in den letzten 5 Jahren die Flucht aus einem bayerischen Strafgericht gelungen (und in einem weiteren Fall aus einem Familiengericht), also in durchschnittlich einem Fall pro Jahr. Den Angeklagten gelang die Flucht meist durch Wegrennen aus dem Gerichtssaal oder per Sprung aus einem Fenster. In zwei Fällen konnten die Entflohenen erst nach 20 Tagen bzw. 12 Tagen wieder gefasst werden und waren solange untergetaucht, darunter ein wegen Körperverletzung vorbestrafter Täter  (vom AG Tirschenreuth am 29.7.22 entflohen). Die entflohenen Beschuldigten konnten im Übrigen in der Regel noch am selben Tag wieder festgenommen werden. In 10 weiteren Fällen haben Beschuldigte zwischen 2018 und 2022 erfolglos versucht, aus einem Strafgericht während einer Verhandlung zu flüchten, meist durch Sprung aus dem Fenster (wobei sich die Personen oft verletzt haben). Es waren Gerichtstandorte in ganz Bayern betroffen. Insgesamt gab es also in den letzten 5 Jahren (2018 bis 2022) 15 insgesamt Fluchtereignisse und erfolglose Fluchtversuche.

Meine Einschätzung dazu:

15 Fluchtereignisse und erfolglose Fluchtversuche in den letzten 5 Jahren (zwischen 2018 und 2022), welche das Justizministerium erst jetzt auf meine Anfrage hin publik gemacht hat, sind keine Lappalien. Angesichts der ca. 23.000 Vorführungen von Gefangenen durch die Polizei oder Justiz, die es pro Jahr an bayerischen Strafgerichten gibt, klingen 15 Fälle nur scheinbar wenig. Denn jede Flucht von der Anklagebank ist eine zu viel. Solche Vorfälle sind geeignet, das Vertrauen in unsere Justiz zu schwächen. Auch wenn Gerichtsgebäude keine Gefängnisse sind, sondern in unserem demokratischen Rechtsstaat für die Öffentlichkeit zugänglich sein sollen und das auch so bleiben wird, muss das Justizministerium zusammen mit den Gerichten diese Fluchtereignisse jeweils gründlich aufarbeiten. Zudem hätte ich mir eine frühzeitigere Information des Landtags über diese Fluchtereignisse gewünscht. Zumindest in einem Fall war 2022 ein entflohener, schon vorbestrafter Straftäter 12 Tage auf der Flucht, bis er wieder gefasst wurde.

Als rechtspolitischer Sprecher meiner Fraktion fordere ich grundsätzlich eine Stärkung der eigenen Wachkräfte der Justiz: 

  • Der Vorführdienst der Justiz, der nur in München, Nürnberg und Augsburg vorhanden ist, sollte auch in weiteren großen Städten, wie Regensburg und Würzburg eingeführt werden. Dadurch werden die Polizeikräfte dort entlastet und die Vorführpraxis wird professionalisiert. Zudem fordern wir, dass die privaten Sicherheitsdienste an den Gerichten während des Sitzungsbetriebs durch Beamtinnen und Beamte der Justiz ersetzt werden und private Sicherheitsdienste nur noch für die Gebäudesicherheit außerhalb des Sitzungsbetriebs eingesetzt werden. Sicherheit an Gerichten ist eine staatliche Aufgabe und sollte nicht privatisiert sein. Durch eigene Kräfte an den Gerichten, sind die Beamtinnen und Beamten mit den Sicherheitskonzepten und den Gebäuden vor Ort bekannt und kennen von vornherein mögliche Schwachstellen.
  • Außerdem muss v.a. die Abstimmung zwischen den Richterinnen und Richtern, welche die Gerichtsverhandlungen leiten, und der Polizei bzw. Justizwachtmeister*innen besser werden, v.a. in Sitzungspausen, in denen sich häufig Fluchtversuche ereignen.

Kategorie

Rechtspolitik

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